„Kreaturen“
Anne Wissmanns bozettiartige kleine Plastiken sind Schöpfungen, die staunen machen.
Eigentlich sind es Darstellungen von Tierwesen. Deren Körperteile sind gespiegelt, vervielfältigt oder weggelassen.
Der „Hund“ aus dem Jahre 2004 hat in Form eines schalltrichterartigen Kopfdinges ein gänzlich neues Sinnesorgan erhalten.
Die Proportionen von Pferd und Reiter sind zum Teil äußerst verändert als folge diese Veränderung einer Perspektive der
Bedeutung oder der Empfindung.
Der Duktus der bildhauerische Formgebung ist skizzenhaft roh und stark ausgeprägt. Dieser erfährt durch den Prozess des
Betongusses keine Milderung, eher betont dieser sogar das Fragmentierte, scheinbar Unfertige der Existenz dieser Figuren.
Unterschiedliche Färbungen, Oberflächen und sichtbare Segmentierung des großen sitzenden „Hundes“ steigern nochmals
die Brüchigkeit und verleihen dem Objekt gleichzeitig die Aura zeitloser Beständigkeit. Die Plastik strahlt ein gänzlich
unnaturalistische, kunstimmante, magische Wesenhaftigkeit aus. Größe und Wirklichkeitsgehalt stellen sie schwer in den
Raum, ja in den Weg, als wäre sie Repräsentant einer anderen Ordnung und Wächter
derselben (ähnlich manchen Tempelfiguren und mittelalterlichen Fabelwesen).
Armin Hartenstein